von Claudia Hirzel (E-Mail: za-hirzel [at] t-online.de)

Einsatz in der Mongolei 2017

Nach 2014 nun mein 2. Einsatz mit DWLF in der Mongolei. Diesmal geht der Flug von Frankfurt mit MIAT direkt nach Ulaanbaatar. Der Flug war angenehm. Dort angekommen fahren wir mit dem Auto relativ bald zu unserem 1. Einsatzort Erdenesant. Es sind 6 Stunden Fahrt für 240 km, mit kleinen Pausen erreichten wir die Klinik. Unser Team wird dort komplett.

Philipp, unser Hahn im Korb, der schon eine Woche früher alleine aufgebrochen war, um etwas die Mongolei zu erkunden, erscheint pünktlich mit seinem Reiseleiter und Guide zu unserer Begrüßung, durch den Bürgermeister und Klinikchef von Erdenesant.

Die mongolische Zahnärztin Laura, die uns auf der Fahrt nach Erdenesant begleitete, wird ausgetauscht, da sie erst kürzlich Ihr Examen gemacht hatte. Sie verfügte noch nicht über genug Erfahrung im Zähne ziehen. An Ihre Stelle kommt Uzmee, die reif genug an Erfahrung ist und ein wenig Englisch spricht.

In unserer gesamten Einsatzzeit (Erdenesant und Lun) zieht sie alleine, nur mit Stirnlampe, Stuhl, Anästhesie (Zange und Hebel) ohne Assistenz, 602 Zähne!

Obwohl die Wurzelverhältnisse der mongolischen Zähne manchmal von der Norm abweichen, musste lediglich nur 3x die Lindemannfräse eingesetzt werden.

Unser Dolmetscher Tucsor – genannt „Tucsie“ war ebenfalls super genial! Er managte viel für uns, war fast immer gleichzeitig in 2 Zimmern zur Übersetzung anwesend und übernahm nach Einweisung durch uns sehr häufig die Gruppenprophylaxe. Ihm bereitete dies sehr viel Spaß und wir konnten die Einzelunterweisung häufig einsparen, so blieb uns mehr Zeit für notwendige Versieglungen.

Da Tucsie selbst Familie hat (2 kleine Jungen), konnte er sehr einfühlsam und liebevoll mit den Kindern arbeiten und den Müttern die Wichtigkeit des Zähneputzens nahe bringen. Sie aufklären, dass Lutscher, Chips und moderner Süßkram nicht förderlich für die Gesunderhaltung der Zähne ist, sondern putzen mit System, am besten 3x täglich gründlich und anschließend Nachkontrolle wichtig ist. Solange bis die Kinder anständig schreiben können.

Auf die Nachfrage meiner Team-Kollegin Vivi : ,,Wer putzt denn die Zähne?“, hörten wir häufig die Mütter stolz antworten: „Die Kinder putzen alleine!“ Doch wie es richtig geht und auf was zu achten ist wusste niemand. Selbst der Kindergartenleiterin (der Kindergarten hatte gerade Ferien) war die richtige Systematik und der „Zuckerfreie Vormittag“ ein Novum, dass sie hoffentlich gerne annahm.

Während unseres Einsatzes erreichte unser Team 301 Kinder in Gruppen und Einzelprophylaxe. Wir arbeiteten mit einem Putzmodel, Zahnbürsten und auch direkt im Mund. Als uns die Zahnbürsten ausgingen, auch mit dem Finger und Zahnpasta, vor allem mit Tucsor als Übersetzer.

Hier sei auch nochmals ein Dank an den Verein für Zahnhygiene, der uns auf Anfrage durch Dr. Carl Wleklinski (Fachzahnarzt für öffentliches Gesundheitswesen) großzügig mit Zahnbürsten, Juniorzahnpasta und Zahnputzbechern unterstützt hat, sowie der Firma Dentmania die uns TePe-Soft Zahnbürsten  gespendet haben. Alle gespendeten Materialien haben wir als Übergepäck mit in die Mongolei genommen und dort sinnvoll 1:1 an Kinder und Bedürftige ausgegeben.

Obwohl dies mein 2. Einsatz in der Mongolei war, ist es schwer zu beurteilen, wie groß die Verbesserung durch unsere Aufklärung in Punkto Mundhygiene geworden ist. Aber gefühlsmäßig empfinde ich, dass sich etwas bewegt, auch wenn viele einfach nur unsere Hilfe immer wieder in Anspruch nehmen und pflegen, was sie erhalten haben. Das sah man an den schon gelegten Füllungen. Doch am wichtigsten würde sein, dass nach unserem Einsatz, die Nachhaltigkeit und Aufklärung für die Familien mit Kindern durch Aktionen, des dortigen Gesundheitsamtes weitergeführt werden würde.

Die Mongolen sind Gott sei Dank noch ein Volk mit Ursprünglichkeit und Tradition. Als ein Pferdezüchter, im traditionellen Deel, mit seinen beiden Kindern zu uns kam, fragten wir wie immer nach, was denn so als Ernährung diene und wie es mit dem Zähneputzen aussehe? – Danach  blickten wir in zwei kariesfreie Wechsel- und Jungendgebisse !!!

Sie wohnten weit von der Stadt bzw. vom Aimag entfernt und es gäbe zu Hause „nichts Süßes“. Nur was sie normal erwirtschaften. Käse, Milch, Airag, Fleisch, Karotten, Brot, Butter und Rüben. Diese Ernährung hätte sein Vater ihn so gelehrt und er gäbe es an seine Kinder so weiter. (Auch sein Gebiss war kariesfrei!)

Wir erklärten den Kindern lediglich die KAI-Systematik, die sehr schnell von ihnen umgesetzt wurde. Der Vater erzählte stolz, dass beide Kinder schon tolle Reiter seien und der Sohn schon zweimal den 3. Platz beim Naadam-Fest erritten hat.

Bei dieser Begegnung spürte man ganz stark wie gut und gesund es sein kann seinen eigenen Instinkten zu folgen und sich nicht durch die zerstörerische Moderne jagen zu lassen. Mehr Bewusstsein für das „Sein“ entwickeln, sich selbst bewusst spüren und wieder eigene natürliche Gefühle entwickeln und sie zuzulassen. Ausblenden, was Andere für erstrebenswert für uns halten. Mehr Raum für sein eigenes wahres Sein zu schaffen. –

„Weniger ist mehr!”

Hier noch ein paar unsere Highlights: Es gab so viele!

  • in Erdenesant – improvisiertes Duschen mit dem Gartenschlauch,
  • spontane Neugeburt mit Nabelschnurdurchtrennung,
  • echte mongolische Toiletten = 2 Balken rechts und links, dazwischen frei,
  • grandiose Landschaften – Ruhe und Stille,
  • natürliche Quellen aus denen Heilwasser zum Trinken sprudelt,
  • sternenklare Nächte mit Blick auf die Milchstraße,
  • kochen ohne Kochgeschirr,
  • wieder eine Neugeburt im nächsten Einsatzort,
  • Karaokeabende,
  • spontaner Besuch eines Musikers mit Pferdekopfgeige und Kehlkopfgesang, als „Dankes Ständchen,“
  • Und zu guter Letzt konnten wir am letzten Tag in Lun mit unserer Absauganlage noch einem kleinen Kind das Leben retten, das wurde von den Eltern mit einem epileptischen Anfall in das Krankenhaus gebracht. Die Ärztinnen kämpften ziemlich lange um den Beruhigungszustand wieder herzustellen. Es herrschte Stromausfall, also musste ein Generator  angeschaltet werden. Unser schon zur Abfahrt verpacktes Absauggerät packten wir wieder aus, um den schäumenden Speichel des Kindes absaugen zu können, damit es nicht erstickt.Dem Kind konnte so Gott sei Dank geholfen werden und wir konnten grenzenlose Hilfe leisten im Sinne der Stiftung von Dr. Claus Macher.

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