von Dr. Ernst Peter Drescher (E-Mail: chef [at] dr-drescher.de)
und Dr. Marion Roeschke (E-Mail: praxis [at] praxis-roeschke.de)

Erlebnisbericht Sambia 24.12. 2016 bis 07.01. 2017

Einen Tag vor Heiligabend starteten wir unsere Reise nach Sambia mit dem Flug von Frankfurt über Dubai nach Lusaka mit Emirates. Wir hatten uns vorher beim allseits bekannten Herman Striedl per E-Mail erkundigt, welche Materialien oder Instrumente gebraucht würden und hatten dem entsprechend einige Hebel, Zangen, zwei Polimerisationsleuchten, Anästhetikum in Karpulen und Nadeln dabei. Außerdem hatten wir vorsichtshalber ein gerades Handstück und ein rotes Winkelstück mit Außenkühlung sowie einige Fräsen und Diamanten im Gepäck.

Dazu hatten unsere Apotheker uns mit Ibuprofen und Clindamycin versorgt und auch unsere Handschuhlieferanten hatten sich von ihrer spendablen Seite gezeigt.

Des Weiteren erschienen uns eine gut ausgestattete Reiseapotheke sowie unsere Lupenbrillen mit Beleuchtung sinnvoll mit zu nehmen. Unsere Auswahl an Kleidung blieb eher bescheiden.

Wir hatten Herman unsere Ankunftszeit durchgegeben, sodass wir pünktlich von einem seiner Mitarbeiter direkt am Flughafenausgang empfangen wurden. Der Zoll fragt uns zwei Mal eindringlich, was wir in Sambia vorhätten und da wir deutlich mit „Holidays“ antworteten, blieben uns eingehendere Kontrollen erspart.

Die 250 Kilometer nach Sandy Beach, unserer Unterkunft bei Herman Striedl, wurde nach etwa vier Stunden erreicht. Da wir von der Reise ziemlich platt waren, kamen uns vor allem die letzten zehn Kilometer Holperstrasse endlos vor. Es war bereits dunkel nach unserer Ankunft und so verschwanden wir nach kleiner Speise, Bier und Dusche im Bett.

Der erste Tag vor Ort war erster Weihnachtsfeiertag, den wir allein zur Erholung vom Reisestress und Inspektion der Umgebung nutzten.

Wir bewohnten eine kleine Ferienhütte, von der es etwa zehn bei Herman gibt, ausgestattet mit Doppel- und Einzelbett, das als Ablage diente, einem mäßigen Bad mit Dusche und WC und einem Moskitonetz. Dieses tauschten wir gegen ein Moskitozelt aus, das wir zuhause bei Globetrotter erstanden hatten. Dadurch liegt man mit seinem Bettzeug innerhalb dieses Schutzzeltes, und es war uns egal, ob um uns herum etwas flog oder krabbelte in der Nacht.

Sandy Beach bietet also kleine Unterkunftshäuschen sowie einen kleinen Pool, ein Restaurant, das von früh bis spät Speis und Trank anbietet sowie eine schöne Lage am Kariba See. In dem waren wir nicht, da wir den Krokodilen nicht vertrauen wollten, dass sie uns nichts tun.

An Tag 2, dem zweiten Feiertag, machten wir einen Besuch mit Herman im Hospital von Siavonga und sortierten später am Nachmittag und Abend seinen mobilen Instrumentenschrank, den er bei den jeweiligen Tagestouren in seinem Toyota Bus im Kofferraum mitführt.

Tag 3 war Aufbruch um 8:15 Uhr am Morgen nach Chadmi, einem Dorf in 90 Minuten Fahrzeit erreicht, mit einem kleinen Hospital, das an einer Seite einen kleinen etwa 12 qm großen Raum mit einem Schrank und einer chinesischen Zahnarzteinheit zu bieten hat. Allerdings gibt es keinen Strom. Das bedeutet, wie in der Folgezeit noch öfter, dass die vorgegebene Stuhlposition für alle Patienten genutzt wird. Der Behandler und die Assistenz stehen übrigens bei allen Behandlungen. Herman Striedl hat erfreulicherweise eine mobile Dürrabsaugung und einen W&H Chirurgiemotor im Gepäck, sodass wir dank unseres mitgeführten roten Winkelstücks einsatzfähig waren. Der notwendige Strom kam aus der Autobatterie, der mittels eines magischen blauen Kastens auf 220 Volt hochgepuscht wurde.

Wir behandelten bis in den Nachmittag etwa 40 Patienten, wobei 45 Extraktionen und Osteotomien nur einer Füllung gegenüberstanden. Ist die Pulpa offen, muss der Zahn raus. Das fiel anfangs schwer. Gleich bei diesem ersten Einsatztag wurde uns bewusst, dass diese Einsätze auf keinen Fall für chirurgisch unbedarfte Kollegen zu empfehlen sind. Bisweilen muss schon viel Geschick und Erfahrung an den Tag gelegt werden, ganz zu schweigen von der oft schwierigen Arbeitshaltung, ungewohnter Ausstattung, Wärme, geringerer Lichtqualität und umherschwirrenden Fliegen.

Die wartenden Patienten saßen derweil geduldig im Schatten; singende und spielende Kinder kamen, der Wind rauschte durch die offenen Türen und Fenster, erfrischte uns, aber brachte auch eine hübsche rote Sandschicht mit. Allgegenwärtig waren Zuschauer und blökende Ziegen. Einfach herrlich. Am Ende gegen 16:00 Uhr noch zusammengeräumt und auf der Heimfahrt ein Nickerchen. Das Abendessen schmeckte hervorragend und es zog uns früh ins Bett.

Am nächsten Tag erfolgte der Start wieder früh. Es ging mit Herman nach Chirundu, einer Grenzstadt nach Simbabwe, am Sambesi River gelegen, etwa zwei Fahrstunden entfernt von Sandy Beach. Dort betreibt ein italienischer Orden, in Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsministerium von Sambia, ein Hospital. Da sah es schon deutlich organisierter aus als einen Tag zuvor. Wir wurden in einem herrlichen Gästehaus mit schönem Zimmer mit Doppelbett und guter Dusche und WC untergebracht, wurden bestens mit Frühstück, Mittagessen und Abendessen von einem wunderbaren Mitarbeiter umsorgt und arbeiteten dort zwei Tage lang in der Zahnstation. Diese wird von Angela, dental therapist, also ähnlich unserer ZFA in Deutschland, als Lehrberuf erlernt, aber mit weiteren Kompetenzen ausgestattet, geleitet. Sie zieht Zähne, macht Füllungen und soll auch Zahnreinigungen machen, aber es hapert ein wenig an Equipment und Freude an der Reparatur vorhandener aber nicht funktionstüchtiger Apparate.

Wir hatten zwei schöne und erfüllte Tage mit ihr und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Gerne ließen sich auch einige Klinikangestellte von uns untersuchen und behandeln. Vor allem am zweiten Tag machten wir viele Füllungen und ärgerten uns, dass wir keine feineren Instrumente für eine gute Politur mitgenommen hatten.

Am Abend spazierten wir über die Mainroad der Stadt und erfreuten uns am Treiben auf dem Markt und in den wenigen Straßen. Wir wurden freundlich beäugt, manchmal angesprochen, aber nie fühlten wir uns unwohl, auch wenn wir weit und breit die einzigen Weißhäutigen waren.

Am Freitag der ersten Woche wurden wir vom Hospitalfahrer zusammen mit Angela und der in Ausbildung befindlichen Justine nach Lisutu gefahren, einem kleinen Dorf mit Mini Hospital in Richtung, aus der wir gekommen waren.

Dort erwartete uns die übliche Improvisation, nachdem der funktionierende Kompressor, der sogar den Zahnarztstuhl bewegen lässt, nach 30 Minuten kapitulierte und nicht mehr zum Leben erweckt werden wollte. Aber Strom aus der Wand hat es und damit konnten wir unsere mobilen Geräte betreiben. Am Nachmittag wurden unsere Kolleginnen vom Hospitalfahrer wieder abgeholt, wir warteten auf Herman, der uns wiederum einsammelte und nach Sandy Beach zurückfuhr.

Der nächste Tag war der letzte des Jahres. Wir erlebten mit Herman, einem begeisterten Musiker übrigens, der mit seiner Band in einem Hotel in Siavonga die Gäste musikalisch unterhielt, einen unvergesslichen Silvesterabend, mit afrikanischem Buffet und Tanz mit Blick auf den Karibasee und einer WLAN Verbindung zum Rest der Welt, die wir in den Tagen zuvor nur sporadisch hatten.

Der 1. Januar dient wohl überall auf der Welt zum Ausschlafen und Erholen, so auch bei uns.

Der zweite Tag des neuen Jahres führte uns nach dem Frühstück auf holprigen Straßen eine Stunde lang nach Nebutesi. Dort angelangt fanden wir einige leere Häuser vor. An einem davon standen etwa zehn wartende Personen – unsere Patienten. Es gab Strom und einen nicht angeschlossenen Zahnarztstuhl. Er stand mit seiner Lehne halb schräg nach hinten, so dass Ober- und Unterkieferbehandlungen möglich erschienen. Dank des vorhandenen Stroms konnten wir unsere W&H sowie die Absaugung gleich in Gang bringen; die Schubladen im Raum waren trotz seiner geringen Größe gut bestückt, sodass wir beinahe nichts von den mitgeführten Instrumenten aus dem Auto benötigten.

Die ersten Patientinnen hatten Angst, waren argwöhnisch und drehten bei der Untersuchung auch mal den Kopf zur Seite. Das hatten wir so bis dahin noch nicht erlebt. Ein tief zerstörter unterer 8er forderte uns und die Patientin leider sehr. Erfreulicherweise kamen auch Patienten ohne Beschwerden, die ihren Zahnstatus kontrollieren lassen wollten. Gerade die frühzeitige Untersuchung und Füllungstherapie könnte viele Extraktionen vermeiden. Es gab oft tiefe okklusale Kavitäten bis in die Pulpa zu sehen.

Irgendwann gegen Mittag kühlte uns ein draußen niedergehender starker Regenguss erfrischend ab. Zum Glück blieb das Dach dicht. Am Nachmittag packen wir nach den letzten Behandlungen wieder alles zusammen und holperten in Hermans Toyota zurück nach Sandy Beach.

Der nächste Tag begann auf gewohnte Weise, mit Herman und Helfer Piri, der auch schon an den Tagen zuvor als Begleiter, Desinfektionskraft und Dolmetscher geholfen hatte, fuhren wir nach Musokwe, wo eine kleine Klinik auf uns wartete.

Der uns zugewiesene Raum enthielt eine große Kühltruhe für Impfstoffe, was uns das Vorhandensein eines Stromanschlusses vorgaukelte. Falsch gedacht: Nur Solarstrom für den Akku der Kühltruhe sowie eine Deckenglühbirne wurden mit Strom bedacht. Also wurde die Autobatterie wieder gestresst. Als Behandlungsstuhl diente eine Liege, Instrumente waren teilweise vorhanden. An diesem Tag behandelten wir um die 40 Patienten, von denen 20 Kinder waren. Milchzahndefekte werden nicht behandelt, da die Zähne bald draußen sind. Jeder Patient wurde mit einer Zahnbürste beglückt. Leider hatten wir keine Zahnpasta dabei. Die ist sehr beliebt, weil teuer in Sambia.

13 Zähne wurden an diesem Tag entfernt und drei Füllungen gelegt. Als Bondingsystem gehen übrigens nur selbstätzende, da es ja keine Wasser-Luft-Pistolen gibt. Darauf ist zu achten, falls man ein Klebesystem mitnehmen möchte. Am frühen Nachmittag versiegte der Patientenstrom. Wir ließen uns nur wenige Kilometer von Herman und Piri chauffieren und stiegen etwa 10 Kilometer von Sandy Beach entfernt aus, um den Rest des Weges zu Fuß zu bewältigen. Es fehlte uns ein wenig an Bewegung und so konnten wir das Leben in den Dörfern am Rande der Lehmstrasse noch näher betrachten. Wir machten Bekanntschaft mit einer achtköpfigen Bubentruppe, die uns interessiert folgte. Kommunikation war eher schwierig; nach einiger Zeit verschwanden sie wieder im Umland. In jedem Dorf rief man uns freundlich zu und winkte. Wir genossen es, dem Land, seiner Natur und seinen Bewohnern so nahe zu kommen. Nicht ein Auto fuhr auf unserer Straße. Nur die ewig umherschwirrenden Fliegen nervten.

Am Abend verkündeten wir dem Koch unsere Speisewünsche. Er konnte ein hervorragendes Gemüsecurry mit Reis zaubern und auch der fangfrische Fisch aus dem Karibasee war ganz großartig zubereitet. Dazu schmeckte das sambische Bier bestens und sogar ein Glas Rotwein konnte man erstehen.

Meistens gingen wir gegen 22:00 Uhr zu Bett und schliefen hervorragend bei den Geräuschen der afrikanischen Nacht, die nur bei südlichem Wind störend waren, wenn das Geräusch der Bootsmotoren der Fischer herüberschallte.

Am Folgetag ging’s nach Siavonga ins Kariba Hospital. So nah am Siavonga Hospital hatten wir nicht mit solch einem Patientenandrang gerechnet. 39 Patienten erhielten insgesamt 21 Füllungen und 34 Extraktionen und Osteotomien. Einen Patienten vertrösteten wir auf Freitag ins Siavonga Hospital, da wir seine teilretinierten UK 8er nicht auf dem Gartenstuhl osteotomieren wollten. Da in der Kariba Klinik kein Equipment vorhanden ist, behandelten wir komplett aus Hermans Medizinschrank. Wir verbrauchten fast 100 Anästhesie Karpulen. Am Ende des Behandlungstages waren wir ziemlich platt, was natürlich auch mit dem Behandeln im Stehen am Gartenstuhl zu tun hatte.

Während Piri alles zusammenpackte, machten wir mit Herman einen kleinen Ausflug zum benachbarten Staudamm, damit wir diesen auch mal gesehen hatten. Dieses sehr imposante Bauwerk ist gleichzeitig ein Grenzübergang nach Simbabwe. Auf der Rückfahrt erledigten wir noch einige Einkäufe in Siavonga und fuhren dann zurück nach Sandy Beach in einen gemütlichen Abend am See. Dazu sei angemerkt, dass Moskitospray an freiliegenden Hautstellen, vor allem an den Füßen und Beinen, am Abend sehr empfehlenswert ist.

Am vorletzten Tag verbrachten wir einen Behandlungstag im 10 Kilometer entfernten Matur, der letzte diente einem Besuch der Klinik in Siavonga, wo der dental therapist Jonathan seine Zahnstation mit zwei Einheiten betreibt. Marion extrahierte einen schwierigen unteren Molaren und ich beschäftigte mich mit einem teilretinierten Unterkiefer-8er. Dabei wurde dann ersichtlich, dass Jonathans Ausstattung für solche umfangreicheren chirurgischen Eingriffe etwas eingeschränkt ist. Wann habe ich jemals mit einer Naht 3/0 genäht? Aber das geht natürlich auch.

Damit endete unser erstes Abenteuer in Sambia. Am nächsten Tag fuhr uns Moses nach Lusaka zum Flughafen, wo bereits unsere Nachfolger angekommen waren.

Unsere Empfehlung an eventuelle Nachfolger:

  • Wer das Visum schon online zuhause besorgt, steht eventuell kürzer am Flughafen an.
  • Geldwechsel unbedingt am Airport; zumindest mal 100 Euro tauschen.
  • Pro Person 20 Paar sterile Handschuhe als Unterziehhandschuh, den man mittags wechselt und pro Person 6 Kartons Untersuchungshandschuhe.
  • Pro Person zwei Pakete Mundschutz.
  • Waschbare Kopfhauben, da man sehr schwitzt.
  • Lupenbrille mit Licht
  • Gesichtsschild oder Schutzbrille für die Assistenz.
  • Eigene kleine Ausstattung rotierender Instrumente und ein rotes Winkelstück mit Außenkühlung
  • Desinfektionstücher und Küchenrolle
  • Zahnbürsten und Zahnpasta

Bezüglich Impfungen haben wir Polio, Diphterie, Tetanus und Pertussis sowie Hepatitis B kontrollieren bzw. auffrischen lassen. Dazu haben wir Hepatitis A Impfung gemacht. Gelbfieber und Malaria haben wir nicht geimpft bzw. Prophylaxe durchgeführt, wegen der nicht unerheblichen Nebenwirkungen. Wenn Malariaerkrankung eintritt ist diese gut zu behandeln. Gelbfieberimpfung wird nur verlangt, wenn man von Sambia aus in ein anderes afrikanisches Land einreisen möchte.

Archivfoto

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