Bericht von Dr. Friedrich Burkhardt & Dr. Gwendolin Sztankay

Unser zahnärztlicher Auslandseinsatz in Sambia begann bereits mit einer Prüfung der Geduld: Statt eines reibungslosen Starts strandeten wir für zwei Tage in Frankfurt. So konnten wir unsere Energie noch etwas sammeln, bevor das Abenteuer wirklich begann.

Unser Team:

  • Kathrin Wenske (GL/AD)
  • Dr. Andreas Vocks (AD)
  • Dr. Friedrich Burkhardt (AD)
  • Dr. Gwendolin Sztankay (AD)
  • Svenja Koßmann (ADT)

Ankunft in Lusaka – und weiter nach Kabwe

In Lusaka, der Hauptstadt Sambias, wurden wir herzlich von Ezra empfangen, der uns auf der knapp vierstündigen Fahrt nach Kabwebegleitete. Diese Fahrt war schon für sich ein Erlebnis: dichter Verkehr, riskante Überholmanöver und ein ständiges Gefühl von Abenteuer. Doch wir lernten schon bald, dass Ezra trotz des unübersichtlichen Verkehrs ein guter und zuverlässiger Fahrer ist.

Kabwe – ein Zuhause auf Zeit

Unsere Unterkunft in Kabwe übertraf alle Erwartungen. Die Anlage bestand aus mehreren kleineren Häusern. Das Herzstück der Anlage war die große offene Veranda im Zentrum, Küche, Wohnhäusern und natürlich der Klinik verteilten sich, gesäumt von Obst- und Gemüsebeeten und schattenspendenden Palmen über das Gelände. Die Zimmer waren sauber, teils mit eigenem Bad, und wurden täglich gereinigt. Dank Solarstrom, eigenem Brunnen und gutem WLAN war die Station fast autark – und trotz kleiner Unregelmäßigkeiten bei Warmwasser oder Wasserdruck konnten wir von europäischem Standard sprechen.

Vor allem aber war es das Miteinander, das diesen Ort besonders machte. Die Köchinnen Nsama, Roydah und Neema sorgten nicht nur für abwechslungsreiche, köstliche Mahlzeiten (zeitweise hatten wir die Befürchtung, wie würden nach den zwei Wochen nach Hause rollen), sondern auch für eine warme und familiäre Atmosphäre. Besonders Neema und Roydah wuchsen uns in der Zeit in Kabwe sehr ans Herz. Sie waren nicht nur helfende Hände in der Klinik, sondern kümmerten sich fürsorglich um unser Wohlbefinden – mal mit einer Tasse Tee, mal mit einem aufmunternden Gespräch nach einem langen Tag. Am Ende unseres Aufenthalts waren die beiden weit mehr als Kolleginnen: Sie waren Freunde geworden.

Die Klinik – zwischen Organisation und Patientenansturm

Kurz vor unserer Ankunft war eine umfangreiche Lieferung mit dentalen Materialien, Behandlungseinheiten und Instrumenten aus dem ehemaligen DWLF-Standort in Namibia eingetroffen. Die ersten Abende verbrachten wir daher nicht in entspannter Runde auf der Veranda, sondern beim Sortieren, Reinigen, Sterilisieren und systematischen Einräumen. So wurde Schritt für Schritt aus einem Berg an Kisten eine geordnete und funktionale Klinik.

Kaum hatten wir uns eingerichtet, wuchs der Patientenandrang täglich an – besonders viele Menschen kamen aus dem Elendsviertel in Kabwe. Beeindruckend war, dass sich alle Patienten für ihren Zahnarztbesuch besonders schick machten, als wäre es ein festlicher Anlass. Für uns war das eine große Wertschätzung.

Die Eingriffe selbst waren nicht immer angenehm: Reihenextraktionen zerstörter Zähne gehören sicher nicht zu den schönsten Momenten im Leben eines Menschen. Doch die Dankbarkeit war überwältigend. Viele Patienten strahlten nach einer gelungenen Füllung oder einer neuen Prothese – für uns berührende Momente, die alle Mühen vergessen ließen. Besonders Svenjas Arbeiten im Labor sorgten dafür, dass Patientinnen und Patienten mit neuem Lächeln die Klinik verließen.

Ein bewegender Aspekt war auch, wie tapfer die Kinder alle Behandlungen mitmachten. Ohne großes Zögern, manchmal fast mit einer bewundernswerten Ruhe, ließen sie Eingriffe über sich ergehen.

Ein Blick ins öffentliche Gesundheitssystem

Während unseres Einsatzes besuchten wir auch die städtische Klinik – ein Erlebnis, das uns nachhaltig schockierte. Zwar waren Ärzte vor Ort, doch wirkliche medizinische Versorgung fand kaum statt. Es schien, als bestehe die Hauptaufgabe der Ärzte darin, im weißen Kittel Kaffee zu trinken und Patientenkontakt möglichst zu vermeiden. Direkt vor der Klinik reihten sich die Beerdigungsunternehmen aneinander – ein bedrückendes Symbol dafür, wie gering die Chancen auf Heilung in diesem System sind.

Das sambische Gesundheitssystem gliedert sich grob in zwei Bereiche: die staatliche Gesundheitsfürsorge, die von nahezu allen Gesprächspartnern kritisch und als unzureichend beurteilt wurde, und die privaten Arztpraxen. Letztere bieten zwar eine deutlich bessere Versorgung, sind für den Großteil der Bevölkerung jedoch schlicht unbezahlbar. Diese Schieflage hat gravierende Folgen: Selbst viele Mitarbeitende in Schulen und Kliniken verfügen nicht über grundlegende Impfungen, etwa gegen Tuberkulose – eine Erkrankung, die gerade in dieser Region ein ernstzunehmendes Problem darstellt.

Kein Wunder also, dass unsere Patienten uns nicht nur mit zahnärztlichen, sondern auch mit ganz unterschiedlichen medizinischen Problemen konfrontierten. Wir leisteten, soweit möglich, auch dermatologische Hilfe und gaben Brillen aus – alles, was den Menschen konkret half.

Arbeitsalltag – Struktur und Ergebnisse

Mit einem System aus Triage, OP- und Füllungszimmer konnten wir eine große Zahl an Patienten versorgen. Unsere Abschlussbilanz spricht für sich:

  • 342 Zahnextraktionen
  •  1 Wurzelspitzenresektion
  •  111 Füllungen
  •  17 Prothesen, darunter ein kompletter 28er

Insgesamt konnten wir über 300 Patienten behandeln – und fast alle gingen mit einem Lächeln und großer Dankbarkeit.

Von Safari-Erlebnissen und tosenden Wasserfällen

In unserer freien Zeit gönnten wir uns eine Safari in Simbabwe. Die Tierwelt Afrikas aus nächster Nähe zu erleben, war unbeschreiblich – auch wenn Begegnungen mit übel gelaunten Elefanten für einige von uns eher Nahtoderfahrungen als Entspannung bedeuteten. Besonders spannend für uns waren die Schädelfunde einiger, von Löwen, Hyänen und Krokodilen, gerissener Tiere – so bot sich uns die Möglichkeit die Schädel- und Zahnanatomie von Elefante, Nilpferd und Büffel aus nächster Nähe zu studieren. Die Viktoriafälle stellten dann einen ganz anderen Höhepunkt dar: gewaltig, majestätisch und so nass, dass niemand trocken blieb.

Kabwe – Eindrücke neben der Arbeit

Wir nahmen uns auch ein wenig Zeit, das Leben vor Ort kennenzulernen. Kabwe ist eine lebendige afrikanische Stadt voller Gegensätze: Auf der einen Seite moderne Supermärkte wie der „Shoprite“, die beinahe europäischen Standards entsprechen, auf der anderen Seite farbenfrohe, chaotische Märkte, die scheinbar alles bereithalten, was man sich vorstellen kann – und noch mehr. Einen Überblick zu behalten, war schlicht unmöglich.

Da reihten sich Autoreifenhändler aneinander, während mitten durch ihre Stände eine Herde Ziegen getrieben wurde; Sofahändler boten nebenbei Kohlebecken und Zuckerrohr an; Obst- und Gemüsestände lagen Tür an Tür mit Händlern für Stoffe und Kleidung. All das eingebettet in ein quirliges Durcheinander aus hunderten Menschen, die lautstark um Preise feilschten. Besonders eindrücklich war der gigantische Chinamarkt – ein unendliches Labyrinth, in dem sich Nützliches und völlig Absurdes auf faszinierende Weise mischten.

Kabwe selbst liegt auf einer Hochebene von etwa 1.200 Metern. In der Trockenzeit wirkt die Savanne karg, alles wird von rötlichem Staub bedeckt, während in der Regenzeit Überschwemmungen ganze Stadtteile unpassierbar machen können.

Fazit – mehr als nur ein Einsatz

Dieser Einsatz war nicht nur eine medizinische, sondern auch eine menschliche Erfahrung. Wir haben Patienten geholfen, die dankbar waren für jede Behandlung – selbst für die schmerzhaften. Wir haben erlebt, wie Kinder tapfer jede Prozedur über sich ergehen ließen und wie Menschen mit neuem Lächeln unsere Klinik verließen.

Und wir haben in Kabwe ein Zuhause gefunden, das durch die Fürsorge von Neema und Roydah geprägt war. Am Ende reisten wir nicht nur mit dem Gefühl ab, viel bewirkt zu haben, sondern auch mit neuen Freundschaften, die bleiben.

Sambia hat uns gefordert, berührt und bereichert – und uns gezeigt, wie wichtig es ist, genau hier zu helfen.


Zahnärzte ohne Grenzen bittet um Unterstützung:
Altgoldsammeln für ein neues Kinderlächeln

Eine Bitte an geneigte Zahnärztinnen und Zahnärzte: Möchten Sie mit Ihrer Pra­xis Zahnärzte ohne Grenzen unterstützen und für uns – mit Einverständnis Ihrer Patienten – Altgold sammeln? Sie und Ihre Patienten unterstützen damit vor allem unsere zahnärztlichen Assistenzen und Zahntechniker, welchen wir aus dem Erlös Zuschüsse zu den Einsatzkosten gewähren können.

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