von Dr. Martin Zschiesche (E-Mail: martinzschiesche [at] me.com)

Nachdem meine Tochter bei einem Einsatz mit DWLF in Namibia interessante Erfahrungen und Eindrücke sammeln konnte, entschloss ich mich Anfang 2017, einen Hilfseinsatz auf den Kapverden mit zwei Mitarbeiterinnen anzustreben. Zusätzlich schlossen sich noch Kollegin Dr. Stein-Dressler aus Neuburg/Donau mit Mitarbeiterin unserer Fahrt an.

Die Anreise erfolgte dann am 02.11.2017 über Lissabon mit einem Nachmittag- und Abendbesuch Lissabons, bevor es weiterging nach Praia auf der Insel Santiago. Den Weiterflug nicht erreicht hatten unsere Kollegin Dr. Stein-Dressler und ihre Mitarbeiterin, weil die Passkontrolle bei Benja zu lange gedauert hatte. In Praia angekommen wurden wir zum einen von der Temperatur erschlagen und zum zweiten wie vereinbart vom Flughafen abgeholt und in unsere Unterkunft, das von DWLF angemietete Haus. gefahren, wo wir von unserer Ansprechpartnerin Elisabeth und dem Hausverwalter empfangen wurden.

Im Haus konnten wir uns gleich an die landesspezifischen Standards gewöhnen: viel Staub, dafür nur sehr wenig und auch schmutziges Wasser aus der Küchenspüle. Dafür ging auch die Dusche im Erdgeschoss nicht, was aber, wie gesagt, alles Gewohnheit ist. Im Endeffekt hatte es keinen Einfluss auf unsere Tätigkeit. Der zur Erhöhung des Wasserdurchlaufs in der Küche bestellte Mechaniker kam auch erst zum dritten vereinbarten Termin, bis dahin hatten wir das Problem aber schon selbst erledigt.

In der Nacht zum Samstag trafen dann auch noch unsere vermissten Kollegen aus Neuburg/Donau ein.

Am Samstagvormittag dann die erste Fahrt zu unserem Einsatzort, dem “Centro de Saúdade”, Achada Grande Trás, mit Einrichten des Behandlungszimmers mit zwei Liegen, der Auswahl zweier einigermaßen funktionsfähiger Behandlungseinheiten (Reparaturen/Wartungen sind geplant) und Sichten der vorhandenen Materialien. Mitgebracht hatten wir in unserem Fluggepäck und zwei zusätzlichen großen Koffern

weitere Materialien (insgesamt ca. 68 kg) wie Einmalhandschuhe, Injektionskanülen, Glasjonomerzement und vor allem Oberflächen-Desinfektionstücher u.a., die ebenfalls einsortiert werden mussten. Weitere Materialien lagerten in unserem Wohnhaus.

Unser erster Ausflug führte uns nach Cidade Velha, der alten Hauptstadt. Die Fahrt ist kurz und lohnenswert, der Ort wohl einer der schönsten auf auf der Insel Santiago.

Am Montag dann der erste Behandlungstag. Der Fahrer holte uns arbeitstäglich gegen 7:40 Uhr ab, Behandlungsbeginn war 8:30, Mittagspause von 30 Min., gegen 13:00 Uhr und „Feierabend“ ca. 15:30 Uhr.

Behandelt wurden Patienten mit einem „Berechtigungsschein“, die Organisation der Patientenannahme erfolgte durch das Klinikpersonal, ebenso die Wiedereinbestellung für Folgebehandlungen. Als Dolmetscherin und auch zum Beruhigen ängstlicher Patienten fungierte Elisabeth, die direkte Verständigung mit den Patienten klappte aber auch so von Tag zu Tag besser.

Sehr geholfen hat uns Rosalie, Zahnärztin aus Brasilien, die in der selben Klinik eine kleine Zahneinheit, im Auftrag einer brasilianischen Kirche, betreibt. Sie hat uns auf eine sehr nette und liebevolle Art unterstützt, gedolmetscht und auch in der Freizeit Tipps, z.B. zum Kauf von CDs einheimischer Sänger, gegeben.

Erschreckend war die hohe Anzahl kariöser bis tief zerstörter Zähne auch schon bei jungen Patienten, sodass wir bei den täglich ca. 25 Patienten außer Zahnreinigung – inklusive Konkremententfernung – hauptsächlich Füllungen legten, soweit noch möglich und Zähne extrahierten.

Wichtig waren den Patienten vor allem schöne Frontzähne, die nicht sichtbaren Seitenzähne waren weniger interessant. Die Patienten kamen alle (bis auf einen Alkoholiker) sehr gut gekleidet und sauber zur Behandlung, waren auch sehr dankbar und freundlich.

Ein Grund für den hohen Kariesbefall zeigte sich dann auch bei unserem Besuch in einer Schule: direkt vor dem Ausgang standen zwei Verkaufsstände mit Süßigkeiten, die in der Pause auch stark frequentiert waren.

Am zweiten Wochenende war zuerst die bereits erwähnte Inselrundfahrt angesagt, am Sonntag dann ein Strandbesuch in Praia bzw. Auskurieren der Verdauungsprobleme.

Am Donnerstag der zweiten Woche wurden die Einheiten und Behandlungsliegen wieder verstaut und die Instrumente sortiert und eingeräumt.

Freitags folgte der Besuch in einer Grundschule mit Unterrichtung der Kinder über die Ursachen und die Vermeidung von Karies. Mitgebracht hatten wir Zahnbürsten und Buntstifte, über letztere haben sich besonders die Lehrer für die Unterrichtsgestaltung gefreut.

Wie lange die Aufklärung über Zuckerkonsum und Karies die Kinder von dem Kauf der Süßigkeiten abhält ist ungewiss, zumal die Versuchung direkt vor der Schule lauert. Auch die Behandlungen konnten nur ein Tropfen auf den heißen Stein sein. Wir hätten noch viele Wochen weiter behandeln können. Insgesamt waren die zwei Wochen anstrengend, interessant und für uns lehrreich: ohne etablierte Prophylaxe und Aufklärung kann die Grundversorgung den Bedarf an Behandlung nicht decken.

Anmerkungen:

  • Die Freizeitgestaltung auf Santiago ist einfach, weil es nicht so viele Möglichkeiten gibt: drei Strände in Praia, wovon der Strand Kebra Kanela am schönsten ist.
  • Einkaufsmöglichkeiten und einfache lokale Restaurants gibt es zahlreich, auch in naher Umgebung. Taxifahrten sind problemlos und preiswert.
  • Eine Fahrt über die Insel mit Besuch von Assomada mit Markt und dem wohl schönsten Strand der Insel in Tarrafal kostete 90,- EUR und war lohnenswert. Ab Januar 2018 finden die Einsätze von DWLF in Tarrafal statt.
  • Eine Fahrt nach Cidade Velha, der alten Hauptstadt, ist kurz und lohnenswert.
  • Die Region von Praia ist sei Mitte 2017 Malaria-Gebiet, eine entsprechende Vorsorge ist anzuraten.
  • Der Kauf einer lokalen SIM-Karte ist sinnvoll für Internet und Telefonie.
  • Geldumtausch am besten direkt nach der Landung, im Flughafen.
  • Trotz einhalten entsprechender Vorsichtsmaßnahmen erkrankten 3 von 5 an Durchfall, entsprechende Medikamente also mitnehmen.
  • Portugiesisch-Kenntnisse sind hilfreich, Englisch wird nur von wenigen Leuten gesprochen, noch seltener Französisch.
  • Ein freier Internetzugang über WLAN ist im Cafe Sofia vorhanden, dort auch gute Getränke und gutes Essen.
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