von Cathrin Porsch [E-Mail: cathrin.porsch@yahoo.de)

Seit vielen Jahren verfolge ich die Aktivitäten der DWLF, bin begeistert von der Philosophie der Stiftung und lese immer gespannt und fasziniert die Einsatzberichte der Einsatzteams nach Ihrer Rückkehr aus den verschiedenen Einsatzgebieten.

„Das will ich auch mal machen!“ war immer mein Wunsch.

Im Januar 2018 ergab sich für mich kurzfristig die Möglichkeit, an einem Hilfseinsatz auf den Kapverden vom 08.01.2018 bis zum 19.01.2018 teilzunehmen. Ich nahm Kontakt zur Stiftung auf und kümmerte mich sofort um die für den Einsatz erforderlichen Unterlagen. In der Vorbereitungszeit erhielt ich die Kontaktdaten der drei weiteren Teammitglieder. Zu allen nahm ich per Mail (und später auch telefonisch) Kontakt auf, um die Einzelheiten der Einsatzvorbereitung zu besprechen. Alle waren mir supersympathisch und wir „brannten“ für das gemeinsame Projekt. Die beiden Zahnärzte, Dr. Ute Kehl und Dr. Wolfgang Kehl, waren in der Vergangenheit schon mehrfach auf der Kapverdischen Insel Santiago zu DWLF-Hilfseinsätzen und stimmten mich mit Ihren Reiseberichten, Fotos und langen Telefonaten schon auf die Dinge, die uns erwarten würden, ein. Auch mit meiner Kollegin Marie-Theres Wirz („Itis“) war ich schon vorab auf einer „Wellenlänge“. Ich freute mich riesig auf den Einsatz!

Am Donnerstag, den 04.01.2017, fuhr ich am Abend nach Hamburg und übernachtete dort, da unser Flug nach Praia am nächsten Morgen schon um 6:00 Uhr früh ging. Am Freitag früh traf ich dann am Hamburger Flughafen am verabredeten Treffpunkt auf das Ehepaar Kehl. In Lissabon trafen wir auf unsere Kollegin Itis und waren somit komplett. Der sympathische Eindruck, den ich am Telefon von allen hatte, bestätigte sich: wir werden ein super Team! Gemeinsam flogen wir weiter nach Praia, der Hauptstadt der Kapverden.

In Praia angekommen haben Itis und ich uns gleich zum Schalter begeben, an dem das Visum ausgestellt wurde. Die Formalitäten haben hier sehr lange gedauert. Das Ehepaar Kehl hatte bereits ein 3-Jahres Visum und begab sich inzwischen schon zum Gepäckband. Als wir endlich das Visum in den Händen hielten, erwarteten uns die beiden mit einer schlechten Nachricht: unsere Koffer waren nicht angekommen! Wir verbrachten dann lange Zeit im „Lost and Found“-Büro des Flughafens, um die entsprechenden Verlustanzeigen aufzugeben. An eins konnten wir uns schon mal gewöhnen: in Afrika dauert alles etwas länger. – Nachdem die Formalitäten erledigt waren, trafen wir vor dem Flughafengebäude auf unseren Fahrer, der uns nach Tarrafal, unseren Einsatzort im Nordwesten der Insel, brachte. Die Fahrt dauerte etwa zwei Stunden und führte uns durch die bergige, faszinierende Landschaft der Insel.

In Tarrafal erwartete uns im Hotel „Sabroonze“ ein sehr netter Vermieter und wir bezogen unsere Zimmer. Für Itis und mich war eigentlich ein gemeinsames Doppelzimmer reserviert worden. Zu unserer Überraschung und Freude stellte uns der Vermieter jeweils ein eigenes Doppelzimmer zur Alleinnutzung für den ursprünglich vereinbarten Preis zur Verfügung. Auch im weiteren Verlauf unseres Aufenthaltes kümmerte er sich sehr um uns. Wir erholten uns zunächst etwas von der langen Reise und richteten uns in unseren Zimmern ein. Zwischenzeitlich bekam das Ehepaar Kehl Besuch von der ärztlichen Leiterin des Gesundheitszentrums Tarrafal, Dra. Marina Obleira Costa und ihrer Verwaltungsleiterin Jacira Maritsa Caetano Rodrigues, mit denen die Arbeitsabläufe und andere organisatorische Angelegenheiten der nächsten Tage besprochen wurden. Am Abend erkundeten wir ein wenig den Ort und genossen bei einem gemeinsamen Abendessen mit Ausblick auf die Bucht zum ersten Mal die regionale Küche und lernten uns gegenseitig näher kennen.

 

Am Samstag um 10:00 wurden wir ins Gesundheitszentrum (unseren Arbeitsort) gebracht, packten viele Kartons mit Materialien und Arbeitsgegenständen aus und richteten zwei Behandlungsplätze ein. Die Mitarbeiter des Gesundheitszentrums haben uns für unsere Behandlungen einen Raum zur Verfügung gestellt, der eigentlich die Küche des Zentrums ist. Diese wurde extra für uns leer geräumt. Die Arbeit war sehr aufwendig und umfangreich, da wir die erste Gruppe in Tarrafal waren und die Arbeitsplätze hier erstmalig eingerichtet wurden. Durch die Erfahrung der Eheleute Kehl, unseren Arbeitseifer und Spaß an der Sache kamen wir sehr zügig voran. Dr. Kehl und Itis sortierten im Wesentlichen zunächst die verschiedenen Materialien und bauten das neue Materiallager auf, während Frau Dr. Kehl und ich die Behandlungsplätze einrichteten.

Durch diese Teamarbeit war bereits am frühen Samstagnachmittag alles fertig und einsatzbereit, obwohl wir eigentlich angenommen hatten, das komplette Wochenende für unsere Vorbereitungen zu brauchen. Nachfragen am Flughafen bezüglich unserer Koffer ergaben, dass sich erst am Montag darum gekümmert werden könne. Wir vier hatten nur das, was wir am Leibe trugen und sehnten uns traurig nach unseren Koffern. Dies erfuhr die Verwaltungsleiterin des Zentrums, Jacira Maritsa Caetano Rodrigues. Sie bat einen Freund, der am Flughafen arbeitet, uns zu helfen. Als wir nach getaner Arbeit am Samstagnachmittag im Hotel ankamen erwarteten uns zu unser aller Erleichterung und Freude unsere Koffer! Unseren ersten erfolgreichen Tag ließen wir, nachdem wir uns nun endgültig häuslich einrichten konnten, mit einem leckeren Thunfischgericht in einem weiteren der vielen kleinen Restaurants mit regionaler Küche ausklingen.

Für den Sonntag hatte das Ehepaar Kehl mit uns einen Ausflug nach Cidade Velha, der alten Hauptstadt der Insel, geplant. Wir erwanderten das Fort Real de São Filipe und genossen eine traumhafte Aussicht über das Meer, die Stadt und grüne Täler. Auf dem Rückweg besichtigten wir die Stadt. Überall begegneten uns die Einwohner freundlich und offen. Besonders mit den Kindern des Ortes hatten wir spontan viele nette Begegnungen. Zum Abschluss genossen wir wieder frischen, heimischen Thunfisch in einem gemütlichen Strandrestaurant mit Blick auf das Meer. Zurück fuhren wir mit dem Sammeltaxi. Der Fahrstil des Fahrers war selbst für kapverdische Verhältnisse extrem unüblich, wir alle schwitzten vor Angst Blut und Wasser und waren froh, als wir wieder heil in Tarrafal ankamen.

Am Montagmorgen starteten wir mit den Behandlungen. Wir wurden täglich von einem Fahrer des Gesundheitszentrums vom Hotel abgeholt und zur Arbeit gebracht und abends wieder zurück. Es wurden für uns täglich ca. 24 Patienten bestellt, weil um 15:00 die allgemeine Arbeitszeit endete und aus finanziellen Gründen keine Überstunden des Personals bezahlt werden konnten. Unterstützt wurden wir von der Zahnärztin Lidiane Varela und der Zahnarzthelferin Claudia Pina. Beide übernahmen die Patientenaufnahme, das Ausfüllen der Anamnesebögen und waren uns eine wertvolle Hilfe als Dolmetscher. Die Landessprache ist kreolisch bzw. portugiesisch. Englisch wurde von den Patienten weder verstanden noch gesprochen. Besonders betroffen gemacht haben uns Befunde bei Kindern und Jugendlichen, bei denen bereits bleibende Molaren aufgrund des hohen Zuckerkonsums (z.B. Lollies) komplett zerstört waren und extrahiert werden mussten. Außerdem sahen wir viele schockierende Befunde mit bis an oder auch unter das Zahnfleisch zerstörten Zähnen bei jungen Erwachsenen, die in großem Umfang extrahiert werden mussten.

Wir bemühten uns, soweit zahnärztlich zu verantworten, so viele Zähne wie möglich mit Füllungen zu versorgen. Häufig haben wir bei Kindern auch Fissuren versiegelt. Bei vielen Patienten fiel eine massive Bildung von Zahnstein auf, welchen wir entfernt haben. Unklar bleibt aber, wie lange dieser Befund anhält, obwohl wir bei fast allen Patienten zudem Mundhygieneaufklärungen durchgeführt, Zahnputztechniken mit den mitgegebenen Zahnpasten und -bürsten demonstriert und die Mütter kleiner Kinder auf die Schädlichkeit von Süßigkeiten hingewiesen haben.

Die Patienten erschienen alle „aufgehübscht“ zur Behandlung und begegneten uns sehr freundlich und dankbar. Claudia kümmerte sich um die Reinigung und Sterilisation unserer Instrumente und war uns somit eine Riesenhilfe. Mittags bekamen wir Essen geliefert, das von einer Frau auf dem Markt gekocht wurde. Es gab verschiedene regionale Gerichte, welche alle sehr gut schmeckten. Wir aßen mit unseren einheimischen Kolleginnen zusammen, kamen schnell mit weiteren Klinikmitarbeitern in Kontakt. Alle begegneten uns sehr offen und freundlich. Mit Jacira, Lidiane und Claudia wurde der Kontakt in den zwei Wochen unserer Tätigkeit sehr herzlich. Am Freitag der ersten Woche behandelten wir ganze Schulklassen, die Kinder waren unglaublich tapfer. Die Klassenleiterin lud uns nach Feierabend spontan zu einer Schulparty ein. Diese Einladung haben wir alle sehr gern angenommen und wurden bei unserem Eintreffen in der Schule sehr herzlich vom Lehrerkollegium begrüßt. Wir durften uns das Schulgelände und die Klassenräume ansehen. Viele der von uns am Vormittag behandelten Kinder erkannten uns wieder und begrüßten uns überschwänglich. Außerdem wurden wir zum Essen eingeladen. Es war interessant, den Köchinnen bei ihrer Arbeit mit den Riesenkübeln zuzuschauen. Der Umfang dieses gesponserten Essens war mit dem landesüblichen Reisgericht mit Gemüse und Geflügel deutlich besser als das tägliche doch sehr einfache Essen, das vom Staat bezahlt wird und i.d.R. aus einer Kelle „Wassersuppe“ besteht. Anschließend gab es noch eine große Auswahl an Kuchen. Zum Essen waren auch die Armen der Umgebung eingeladen. Es wurde Musik gespielt, ausgelassen gefeiert und getanzt. Und wir mittendrin. Die Menschen sind sehr arm, dennoch von einer ansteckenden Fröhlichkeit und Herzlichkeit. Wir verlebten ereignisreiche, lustige und auch sehr emotionale Stunden im Kreise der Kinder und Lehrer und werden diesen Tag lange in Erinnerung behalten.

Für Samstag waren wir von Jacira zu einem Ausflug an die Ostküste der Insel eingeladen worden. Sie und ihre Familie bereiteten uns einen unvergesslichen Tag. Wir fuhren durch wunderschöne Landschaften, beobachteten Zuckerrohrbauern bei ihrer Arbeit, fuhren in entlegene Dörfer, sahen traumhafte Buchten an der Ostküste, erlebten spontane Begegnungen mit Menschen und Tieren am Straßenrand… wir tauchten ein ins ursprüngliche Kapverden.

Am Montag, den 15.01. war im Ort ein kirchlicher Feiertag zu Ehren des Stadtheiligen mit einer Prozession und anschließendem Gottesdienst. Daher konnten wir an diesem Tag leider keine Patienten behandeln. Also mischten wir uns unter das Volk und bestaunten die feierlich gekleideten Menschen, die Prozession und besuchten den Gottesdienst. Leider erfuhren wir erst vor Ort, dass auch der folgende Tag ein lokaler Feiertag war und wir somit an zwei Einsatztagen keine Patienten behandeln konnten. Dies hat uns alle ziemlich überrascht. Am Mittwoch und Donnerstag konnten wir endlich mit unserem Arbeitseinsatz fortfahren.

Unsere Feierabende verbrachten wir mit Besuchen am Strand (Tarrafal besitzt den schönsten der Insel), wir gingen schwimmen und schnorcheln, mischten uns ins Marktgedränge, testeten die lokalen Restaurants und die kapverdische Küche, erkundeten den Ort (auch abseits der Hauptstraßen), besuchten ein Festival und genossen allabendlich unseren „Sundowner“ in unserer Lieblingsbar am Meer mit Blick auf den Sonnenuntergang.

Am Freitag, den 19.01., unseren letzten Einsatztag, besuchten wir traditionsgemäß eine Schule. Dr. Elisabeth Rodrigues übernahm die Mundhygieneaufklärung der Kinder auf kreolisch. Wir hatten für die Kinder Luftballons und Knicklichter mitgebracht, welche reißenden Absatz fanden und für ausgelassene Stimmung sorgten.

Im Anschluss fuhr unser Team ins Gesundheitszentrum, wo wir bereits unsere Koffer deponiert hatten. Ein Fahrer brachte uns nach Praia. Hier hatte das Ehepaar Kehl ein Hotelzimmer, wo wir unsere Koffer unterstellen konnten, für deren weiteren Aufenthalt auf den Kapverden gebucht. Da Itis und mein Flug erst am Sa. 2:00 Uhr früh ging, kümmerten sich die beiden noch ganz lieb den ganzen Tag um uns. Sie zeigten uns in Praja das Plateau, die große Markthalle und die Stadt. Den Abend und den gemeinsamen Einsatz ließen wir bei einem netten Abendessen ausklingen. Itis und ich verabschiedeten uns vom Ehepaar Kehl und wurden von einem Fahrer zum Flughafen gebracht um unsere Heimreise anzutreten.

Ich bin sehr dankbar, dass ich an diesem Einsatz teilnehmen konnte. Wir haben vielen Menschen helfen können und haben Land und Leute auf eine Weise kennengelernt, die Touristen verborgen bleibt. Wir haben den Menschen dort viel geben können, haben im Gegenzug aber auch sehr viel für uns persönlich mitgenommen. Ich danke meinen Mitstreitern Wolfgang, Ute und Itis für die tolle Zusammenarbeit! Es hat einen Riesenspaß gemacht mit Euch! Ganz herzlichen Dank auch an Lidiane, Claudia und Jacira, ohne Euch hätten wir das alles nicht so gut geschafft!

Hier noch einige Anmerkungen für potentielle Einsatzteilnehmer:

  • Ein Visum ist bei Einreise am Flughafen erhältlich, Kosten: 25 Euro, möglichst versuchen, das Flugzeug schnell zu verlassen und sich in der Ankunftshalle links am Visumschalter anstellen, die Schlange wird sonst vor einem seeeehr lang.
  • Eine Malariaschutzimpfung ist nicht notwendig.
  • Ich hatte einen gutes Mückenschutzspray für abends dabei.
  • Ein Moskitonetz hatte ich mit, brauchte es aber nicht.
  • Am Flughafen habe ich 150 Euro umgetauscht, hat genau für die zwei Wochen gereicht.
  • Einige Geschäfte im Ort akzeptieren Euro, bzw. man kann in Euro bezahlen und erhält das Wechselgeld in Escudos zurück.
  • Lieber etwas mehr Bargeld mitnehmen, die Bankautomaten funktionieren nicht immer zuverlässig.
  • Einige Wechselsachen ins Handgepäck packen, bei kurzen Umsteigezeit kommt das Gepäck möglichweise nicht in derselben Maschine mit!!
  • Aus Sicherheitsgründen bei abendlichen Unternehmungen besser in der Gruppe bleiben.

Hier noch meine persönlichen Reisekosten, damit man ungefähr weiß, was finanziell auf eine Zahnarzthelferin zukommt:

  • Flug: 700 Euro,
  • Unterkunft: 250 Euro,
  • Visum: 25 Euro,
  • Behandlungsshirts/DWLF Ausweis: 50 Euro,
  • Geldumtausch vor Ort: 150 Euro,
  • Kosten für Übersetzungen: 80 Euro,
  • Beglaubigungen: 18 Euro,
  • persönliche Ausgaben im Zusammenhang mit dem Einsatz (Mückenschutz, Reiseapotheke u.v.m.) ca. 150 Euro

ca. 1400 Euro gesamt.

Ich möchte mich recht herzlich bei Dr. Wolfgang Kehl für die inhaltliche Unterstützung bei der Erstellung dieses Einsatzberichtes bedanken.

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